Ab ins kühle Nass … oder doch Grün?
Was ist Waldbaden? Woher kommt Waldbaden? Ist Waldbaden als Therapie wissenschaftlich belegt?
Die Beantwortung dieser Fragen überlasse ich der Waldbaden Expertin Zoë D. Lorek, die das Shinrin Yoku/Waldbaden Institut Schweiz leitet. Zoë hat mich als Kursleiterin bereits staunend und dankbar durch mehrere Waldbaden Veranstaltungen geführt.
Mein erstes Waldbadenwochenende
Wenn man dem Wald auf der Spur ist, dann darf man auch das Waldbaden nicht auslassen. Was passiert also mit jemanden beim Waldbaden, der den Wald so und so liebt? Das probierte ich bei einem Basic Wochenende im Shinrin Yoku/Waldbaden Institut Schweiz aus.
Und weil ich nicht warten kann, wurde es dann der nächstmögliche Termin: ein Wochenende im November. Das klingt nicht nach einem perfekten Badewochenende und das Wetter machte dem November auch alle Ehre. Wir hatten alles zwischen Nieseln und Regen und es war ziemlich kühl und windig. Das sollte meiner Vorfreude jedoch keinen Abbruch tun, auch wenn ich beruflich gerade eine strenge Zeit hatte.
Zum Treffpunkt kam ich zu spät, weil ich mich verfahren hatte, oder soll ich besser sagen, meine Autonavigation mich verrückt gemacht hatte. Ziemlich gestresst, nicht sicher ob sie noch da sind, und noch hundert andere Sachen im Kopf, kam ich beim Waldbaden Institut an.
Vollbremsung im Wald
Aus dem Alltag raus und mit einer Vollbremsung im Wald gelandet – so fühlte es sich zumindest an. Die erste Aufgabe war langsames Gehen durch den Wald. Und das war nicht nur langsam, sondern so richtig langsam. Ich war also beim Waldbaden angekommen. Auch wenn ich mich nun, nach der Vollbremsung ein bisschen benommen, im Schneckentempo fortbewegte, so rasten meine Gedanken wie wild im Kopf. Und der brauchte schliesslich auch noch eine ganze Weile bis er endlich im Wald angekommen war.
Irgendwann funktionierte die bewusste Entschleunigung mit Hilfe von unterschiedlichen stillen Aufgaben, die man auf den Weg durch den Wald mitbekam: Die Ruhe zuzulassen, mehr noch, sich auf sie einzulassen, das ist der Schlüssel. Den Wald wie ein neugieriges Kind mit allen Sinnen wahrzunehmen, innezuhalten und aufmerksam zu sein, dann wieder die Sinne schweifen zu lassen. Fasziniert zu sein vom Kleinen wie vom grossen Ganzen.
Und hier kommt der Waldliebhaber in mir wieder ins Spiel. Das sind Dinge, die ich im Wald eigentlich immer mache, doch in der Gruppe fühlte ich mich nicht so verrückt und allein. Auch der Austausch mit den anderen Teilnehmern, also Gleichgesinnten, nach den Aufgaben fand ich inspirierend. Und zu guter Letzt hat mich Zoë und die reduzierte Geschwindigkeit eines gelehrt, nämlich Achtsamkeit.
Frei vom Alltag sein
Irgendwann ist man frei vom Alltag und es tauchen Gedanken auf, die man sonst nicht hat. Mein schönstes Erlebnis hatte ich beim Legen eines Waldbildes.
Gemeinsam als Gruppe sollten wir mit Fundstücken aus dem Wald wie Zapfen und Blättern ein Bild am Waldboden legen. Aus all den Einzelstücken wurde ein grosses Ganzes, dass wir «Waldauge» nannten. Während ich auf der Suche war und meine Waldschätze in das Bild legte, hatte ich ein unglaublich befreiendes Gefühl, ein Aha-Erlebnis. Alles, was ich tat, war erlaubt und war gut. Kein Druck, bestimmten Anforderungen zu entsprechen oder anderen zu gefallen oder bewertet zu werden.
Warum nur für diesen Moment? Ich nahm mir fest vor, dieses befreiende Gefühl mit nach Hause zu nehmen.
Am Sonntagabend war ich körperlich erschöpft. Als ich zuhause ankam, musste ich noch arbeiten, weil es Montag gleich wieder mit Vollgas weiterging, aber mein Geist war noch immer ruhig und entspannt. Der war noch im Wald und sehr zufrieden.