Naturschutz bedeutet nicht unbedingt Schutz für die Natur.

Wie kann ein Naturschutzgebiet wohl sonst einen Pflegeplan haben? Kürzlich habe ich bei einer Waldführung von Patrick Esser, Naturschutz- und Landschaftsökologe und Dozent an Wohllebens Waldakademie, ein Aha-Erlebnis zum Begriff Naturschutz erlebt.

Naturschutz schützt nicht immer die Natur so wie sie ist, sondern das, was wir Menschen in der Natur als schützenswert erachten. Wir Menschen erhalten also nicht immer die autochthone Vegetation, das heisst die natürlich angesiedelten Pflanzen, sondern gestalten Landschaften aktiv, auch in Naturschutzgebieten.

Ich denke an meine letzte wunderschöne Heidelandschaft, die ich durchwandert habe. Ein lilafarbener Teppich aus Erika, Wacholder und dazu Heidelbeeren, wohin das Auge reicht. Warum dort eine Heidelandschaft wächst, darüber habe ich nicht weiter nachgedacht. Es war für mich einfach herrlich und Natur pur.

Wie entstehen Heidelandschaften?

Wenn es keine Menschen gäbe, wie sehe unsere Landschaft in Mitteleuropa wohl aus? Der Wald hätte einen Anteil von 90 Prozent und Moore und Aulandschaften würden die 100 Prozent vollmachen. Der Mensch jedoch hat seit jeher grossflächig Rodungen für Ackerbau vorgenommen. Die massiven Rodungen im Mittelalter werden noch heute durch unzählige Ortsnamen wie «Rode» oder «Schwend» bezeugt. Und da die Menschen damals noch keinen Dünger kannten, waren Ackerflächen schon nach ein paar Jahren wieder ausgelaugt und unbrauchbar geworden. Man überliess sie sich selbst und auf dem nährstoffarmen und trockenem Magerrasen entstanden Heidelandschaften.

Die Heidelandschaften sind nun Teil unserer Natur in Mitteleuropa geworden und wir wollen sie erhalten. Ursprünglich gibt es Heiden jedoch nur an waldfreien Standorten wie Küsten, Dünenlandschaften, Mooren und im Gebirge. Eine erneute Bewaldung von Mensch gemachten Heidelandschaften lässt sich nur durch Beweidung verhindern. Vielerorts werden Heidelandschaften auch gekalkt.

Naturerlebnisse aus der Kindheit

Oft haben unsere Naturerlebnisse nichts mit ursprünglicher Natur zu tun und trotzdem sind sie schön und uns positiv in Erinnerung. Wir sind nun Mal alle gross geworden in einer vom Menschen gestalteten Umwelt, denn heutzutage sind nur noch 1.2% der europäischen Landfläche Wildnis.

Mir selbst fallen wunderschöne Wochenenden mit der Familie in „Föhrenplantagen“ in der Nähe von Wien ein, die zwischen Neunkirchen und Wiener Neustadt liegen. Dieser Wald mit Schwarzföhren zählt zu den viertältesten Aufforstungen in Europa. Für mich als Kind war es jedoch Wildnis pur und ein Abenteuer nach dem anderen.

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Das ist in Ordnung, aber es sollte uns allen bewusst sein.

Definition Natur, Duden Wörterbuch:  «Alles, was an organischen und anorganischen Erscheinungen ohne Zutun des Menschen existiert oder sich entwickelt.»

Ich sage nicht, dass vom Menschen gestaltete Natur nicht auch wunderschön sein kann. Oder bestimmte Schutzzonen aus Gründen der Biodiversität erhalten werden müssen. Es sollte uns allerdings stets bewusst sein, was Wildnis ist, und wo der Mensch Natur verändert. Und wir letzlich mit vielen Naturerlebnissen aufgewachsen sind, die mit Natur nach obiger Definition nur sehr wenig zu tun hat.

Im Dschungel der Naturschutzgebiete

Was gibt es nun für unterschiedliche Schutzgebiete? Wo wird was geschützt und wie?

Allein die Schweiz kennt mindestens 25 unterschiedliche Schutzinstrumente. Das pro natura magazin 5/2021 hat den Themenschwerpunkt Naturschutzgebiete. Eine kurze Übersicht zur Definition von Schutzgebieten für die Schweiz findet man in dem Artikel „Schutzgebiet ist nicht gleich Schutzgebiet“.